Frauenrollen, Weiberrollen

“Es ist kein Ort in der Welt, wo die vergangene Zeit so un mittelbar und mit so mancherlei Stimmen zu dem Beobachter sprach, als Rom. So hat sich auch dort unter mehreren Sitten zufalligerweise ein erhalten, die sich an allen anter Orten nach un nach fast gangzlich vorloren hat.

Die Alten liessen, wenigstens in den besten Aeiten der Kunst und die Sitten, kein Frau des Theater betreten. Ihre Stucke waren entweder so eingerichtet, das Frauen mehr und weniger enbehrlich warren; oder kie Weiberrollen wurden durch eine Akteur vorgestellt, welcher such besonders darauf geubt hatte. Derselbe Fall is noch in dem neureren Rom und dem ubrigen Kirchenstaat, ausser Bologna, welches unter andern Privilegien auch der Freiheit geniesst, Frauenzimmer auf seinen Theatern bewundern zu durfen.”

From Goethe’s Schriften zur Literatur.